Biografie
Ein "Häfenpfarrer" packt aus
Nach 50 Jahren in der Justizanstalt Linz hat Gefängnisseelsorger Hand Gruber ein Buch geschrieben.
LINZ. Nein, gefürchtet habe er sich nie, erzählt Hand Gruber. 50 Jahre war er Gefängnisseelsorger in der Justizanstalt Linz. In dieser Zeit hat sich in Österreichs Gefängnissen viel verändert.
"Als ich 1968 angefangen habe, war es den Vollzugsbeamten verboten, mit Gefangenen zu reden. Mit der Reform 1970 wurden sie sogar angehalten das zu tun", erzählt Gruber.
Besonders die Justizreform von Christian Broda 1974 hat den Strafvollzug nachhaltig verändert. Über diese bewegte Zeit hat Gruber nun ein Buch geschrieben.
Aufbruchsstimmung in der Kirche
Darin erzählt er heitere und berührende Erlebnisse und gibt einen Einblick in die Geschichte der Gefangenenseelsorge. Außerdem geht er der Frage nach, wie man kriminell wird. Grubers Wirken war geprägt von der Aufbruchsstimmung in der katholischen Kirche Ende der 1960er-Jahre. Um den Haftinsassen „fortschrittlich“ gegenüberzutreten verzichtete Gruber auf das alte Messgewand – und wurde prompt dafür von den Gefangenen kritisiert: "Wir sind es ihm nicht wert, dass er sich feierlich anzieht", musste er sich anhören. Gruber beschreibt anschaulich den Arbeitsalltag eines Gefangenenseelsorgers. Neben dem wöchentlichen Gottesdienst war der von Gruppen- und Einzelgesprächen und der Beichte geprägt.
Sorge um gute Betreuung
Gruber präsentierte sein Buch gemeinsam mit Iris Hofer, Leiterin der Justizanstalt Linz. Sie unterstreicht die Bedeutung der Seelsorge. "Die Seelsorger sind sehr gut ins Team integriert", so Hofer. Besorgt zeigt sich Hofer über die knapper werdenden Mittel. Schon jetzt sei die Justizanstalt überbelegt, die finanziellen und personellen Ressourcen erschweren den Alltag.
„Ich habe den Wunsch, dass die Bevölkerung mehr Verständnis dafür hat, dass mehr Investment in die Gefängnisinsassen auch ein Investment in die Gesellschaft bedeutet, denn die Menschen werden auch wieder aus der Haft entlassen“, sagt Hofer.
Besonders Sprachbarrieren und psychische Probleme würden die Vollzugsbeamten vor Herausforderungen stellen.
"Das ist das schönste"
Grubers Bilanz ist dennoch positiv. "Das eindrucksvollste sind zwei Handvoll Menschen, die sagen, sie stehen auf den Beinen, weil ich wesentlich mitgeholfen habe. Das ist vielleicht das schönste", so Gruber.
Hans Gruber
Beinahe lebenslänglich – 50 Jahre Häfenpfarrer
Wagner Verlag, 252 Seiten, 23 Euro
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