Biber-Gastkommentar: Burka-Verbot ist nicht rassistisch!
von Marina Delcheva
Redakteurin des Magazins „biber“
Normalerweise bin ich der Meinung, dass Verbote wenig bringen und jeder das tun sollte, was er oder sie möchte, solange niemand dabei zu Schaden kommt. Die Debatte um ein Burka-Verbot nur dem rechten Lager zu überlassen, finde ich aber falsch. Wenn uns jemand in der U-Bahn auf das Dekolleté starrt, schreien wir (zu Recht) gleich auf und fordern mehr Respekt für Frauen ein. Aber aus politischer Korrektheit anderen Religionen und Kulturen gegenüber dürfen wir nicht darüber diskutieren, ob ein Niqab – der Gesichtsschleier wird hierzulande als Burka bezeichnet – einen Platz im öffentlichen Raum bekommen soll? Das ist scheinheilig und verlogen.
Denn so überlassen wir diese Debatte allein den FPÖ-Plakaten. Und die kommen immerhin bei einem Drittel der Wähler gut an. Der Grüne Efgani Dönmez fragt in der Wiener Zeitung zu Recht: „Warum soll die Gesellschaft das (Anm.: die Burka) unterstützen?“ Die Vollverschleierung, bei der man im besten Fall die Augen durch einen winzigen Schlitz sieht, stellt eine Depersonalisierung und Entmündigung der Frau optisch dar. Niemand sieht, welche Person sich hinter diesem Schleier versteckt, ob sie lächelt, selbstbewusst den Kopf hebt oder eine geschwollene Lippe hat. Das ist kein Kopftuch, das man sich selbstbewusst jeden Tag als Ausdruck der eigenen Identität und Religion bindet. Wir haben leider in der gesamten Debatte, die seit Jahren immer wieder aufkeimt, kein einziges Mal eine selbstbestimmte, stolze Niqab-Trägerin gehört, die sich aktiv zu Wort meldet und sagt: „Ich trage dieses Ding freiwillig und ihr habt absolut kein Recht, über mich zu bestimmen.“ Immerhin soll es etwas mehr als 100 von ihnen in Österreich geben. Vielleicht stimmt mich ja diese eine Frau um. Ich bin nicht sicher, ob ich einem Burka-Verbot zustimmen kann. Aber ich möchte in einer Gesellschaft leben, die öffentlich darüber diskutiert, ob die Vollverschleierung der Frau eine Art der Unterdrückung darstellt oder nicht und wie der Staat damit umgehen soll.
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