Zwischen Nutzen und Bewahren
Zeitgemäße Waldbewirtschaftung in Kraubath
Im Rahmen eines Spaziergangs durch den Eltz'schen Forstbetrieb sprach Förster Heinz Schnedl aus Kraubath über den Wert einer naturnahen Waldbewirtschaftung und Klimaresilienz, die Gefahren von Monokulturen und die Borkenkäferthematik.
KRAUBATH. Der Duft von Tannennadeln, das Rascheln der Blätter im Wind, dazwischen Vogelgezwitscher: Ein Spaziergang durch den Wald bringt einen unweigerlich dazu, die Hektik des Alltags hinter sich zu lassen und ein Stück weit zur Ruhe zu kommen. "Studien belegen, dass sogar schon 20 Minuten im Grünen den Stresslevel senken", begrüßt uns Heinz Schnedl, als wir ihn im Kraubathgraben treffen.
Seit mittlerweile 39 Jahren ist Heinz Schnedl als Förster im Forstbetrieb Eltz tätig und damit für ein Waldgebiet verantwortlich, das eine Fläche von umgerechnet 700 Fußballfeldern (ca. 500 Hektar) umfasst. Von Beginn an setzte er – dank der Offenheit und Zustimmung seiner Vorgesetzten – auf eine naturnahe und zugleich "enkelgerechte" Waldbewirtschaftung, so der Kraubather. Was das genau bedeutet, das erfahren wir im Rahmen eines Waldspaziergangs, bei dem Heinz Schnedl auf die vielen Facetten, Funktionen und Eigenschaften des Waldes sowie seine Bewohner zu sprechen kommt.
Wichtige Funktionen des Waldes:
Der Wald soll uns vor Naturgefahren schützen, Rohstoff liefern, einer Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bieten, als CO2-Senke dienen, Trinkwasser und Luft reinigen und als Erholungsraum Entspannung in unser Leben bringen. Je gesünder und stabiler der Wald ist, desto besser kann er diese Ökosystemleistungen erbringen.
Quelle: Österreichischer Waldbericht 2023
"Der Wald kann ohne uns existieren"
Den Startpunkt bildet eine Schautafel, die darauf hinweist, dass hier im wahrsten Sinne des Wortes "leiser zu treten" ist, denn es beginnt das rund 90 Hektar umfassende Schutzgebiet für Auer- und Birkhuhn. Durch den Zusammenschluss mit drei angrenzenden Forstbesitzern sei das Gebiet sogar noch größer. Forstwirtschaftliche Eingriffe werden auf dieser Fläche auf ein Minimum reduziert und auch Freizeitaktivitäten wie etwa Mountainbiken seien zum Schutz der Tiere verboten, erklärt Schnedl.
Naturnahe Bewirtschaftung werde aber nicht nur im Schutzgebiet betrieben, sondern im gesamten 500 Hektar umfassenden Waldgebiet. Warum, das erklärt Schnedl so: "Wie sagt man so schön, der Wald kann ohne uns Menschen existieren, aber wir benötigen den Wald zum Leben."
Pro Jahr würden im Eltz'schen Forstgebiet etwa 1.500 bis 2.000 Festmeter Holz geerntet werden. "So viel wie nötig, so wenig wie möglich", meint Schnedl. Die Verjüngung sei dabei ein großes Thema. In Anbetracht eines sich wandelnden Klimas sei es wichtiger denn je, den Wald gut zu pflegen und in die richtige Richtung zu steuern.
Klimaveränderung als Herausforderung
Wie das aussehen kann, das erklärt der Förster ein paar Meter weiter. "Wir stehen hier vor einer großen ehemaligen Schneebruchfläche, die im Jahr 2007 insgesamt 10.000 Festmeter Schadholz im Forstbetrieb Eltz hervorgebracht hat." Zu 99,9 Prozent habe es sich dabei um Fichten gehandelt. Diese seien Flachwurzler und in der Monokultur weniger widerstandsfähig gegenüber Schnee, Sturm oder anderen Extremwetterereignissen als etwa ein Mischwald. Nach dem das Schadholz aufgearbeitet war, begann man daher, die Fläche mit Mischholzartenaufzuforsten: "Wir haben einen hohen Anteil an Tanne, an Lärche und auch die Fichte ist vertreten. Hinzu kommen einzelne Laubhölzer, die praktisch über die Vogelwelt eingebracht wurden", erläutert der Förster mit Blick auf die Bäume, die bereits eine beachtliche Höhe erreicht haben.
"Im Zuge der Klimadiskussion gewinnt die Mischkultur noch mehr an Wert. Wir wissen heute noch nicht, wie sich die einzelnen Holzarten auch auf dieser Seehöhe gegenüber dem Trockenstress bewähren werden, aber eines steht fest: Je mehr Holzarten wir haben, desto krisenfester sind wir auch in der Forstwirtschaft aufgestellt."
Heinz Schnedl, Förster im Forstbetrieb Eltz
Mischkultur und Borkenkäfer
Auch dürfe man nicht vergessen, dass die Mischkultur schlicht die naturnähere Bewirtschaftung darstelle: "Die Borkenkäfer-Katastrophen, die wir nicht nur in Österreich sondern auch in Tschechien hatten, resultierten zu einem Teil auch daraus, dass Fichten in Monokulturen begründet wurden, auf Standorten, die nicht ganz angepasst waren. Wir wissen aber, dass die Borkenkäfer artspezifisch sind. Das heißt der Fichtenborkenkäfer geht nur auf die Fichten, der Tannenborkenkäfer auf die Tannen und so weiter. Das heißt, je mehr wir mischen, desto eher unterbinden wir auch jegliche Ausbreitung im größeren Stile".
Eine naturnahe Forstwirtschaft lässt sich Heinz Schnedl zufolge noch an weiteren Merkmalen festmachen, zum Beispiel an Spechtbäumen und Ameisenhaufen. Damit sich die Tiere wohlfühlen, sei ein sorgsames Vorgehen erforderlich. "Man kann nicht zu jeder Jahreszeit mit schweren Geräten auffahren", erklärt Schnedl. Im Winter sei ein Arbeiten am ehesten möglich: "Da sind die Ameisen im Bau im unteren Bereich unter der Erde angesiedelt. Hier hält sich dann jeglicher Schaden in Grenzen."
Als Förster bewegt er sich auf einem Pfad zwischen Nutzen und Beschützen, Wirtschaften und Bewahren, das zeigt sich im Laufe des Spaziergangs deutlich. Zugleich wird jedoch auch klar, dass das eine das andere nicht zwangsweise ausschließen muss.
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