Johannes Freitag im Interview
"Ich habe mein Leben Gott geschenkt"
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- Johannes Freitag (r.) wird an der Seite von Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl (l.) stehen. Hier zu Besuch bei Freitags Eltern in Spielberg.
- Foto: Diözese Graz-Seckau
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Vor etwa drei Wochen hat Pfarrer Johannes Freitag aus Trofaiach die Nachricht bekommen, dass er von Papst Franziskus zum Weihbischof berufen wurde. Zunächst hielt er die SMS für einen Scherz. Mittlerweile ist viel passiert und er freut sich auf die neue Aufgabe, bei der er ganz auf die Führung Gottes vertraut.
TROFAIACH. Seit über achtzehn Jahren ist Pfarrer Johannes Freitag als Seelsorger im Raum Trofaiach tätig. Darüber, dass seine Amtszeit zu Ende geht, ist er ein wenig wehmütig, vertraut sich aber ganz dem Weg Gottes an. MeinBezirk hat mit dem 52-jährigen zukünftigen Weihbischof über seine neuen Aufgaben gesprochen.
- Herr Freitag, wie geht es Ihnen mit dem Abschied aus dem Seelsorgeraum an der Eisenstraße?
Johannes Freitag: Es ist schon ein großer Umbruch. Man ist aus seiner Lebenswelt von einem auf den anderen Augenblick herausgerissen und hat derzeit keine mehr. Bis der Alltag wieder kommt, wird es wahrscheinlich ganz lange dauern. Ich bin jetzt das neunzehnte Jahr hier in Trofaiach. Seit 2006 durfte ich hier Pfarrer sein, da ist der Pfarrverband zusammengelegt worden, mit Trofaiach als Mitte, St. Peter Freienstein und Vordernberg. Und dann hat sich alles so weiterentwickelt, mit dem Seelsorgeraum an der Eisenstraße, der jetzt das Murtal mit dem Ennstal verbindet.
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- Große Ehre: Der Trofaiacher Pfarrer Johannes Freitag wurde vom Papst zum Weihbischof ernannt.
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- Hatten Sie mit der Berufung durch Papst Franziskus gerechnet oder gar nicht?
Nein, ich habe überhaupt nicht damit gerechnet. Ich habe die ersten beiden Nachrichten der Nuntiatur (Vertretung des heiligen Stuhls in Österreich, Anm. der Red.) wirklich nicht ernst genommen und habe gedacht, Freunde haben sich einen Scherz erlaubt. Damit habe ich sehr gut geschlafen. Nachdem ich meines Erachtens zu erkennen gegeben habe, dass ich den Scherz durchschaut habe, kam noch ein Fragezeichen. Und am nächsten Tag kamen wieder Nachrichten um die Zeit, als ich schon in der Nuntiatur in Wien hätte sein sollen. Dann habe ich zurückgerufen und dann bin ich draufgekommen, das ist alles echt und kein Scherz, kein Fake. Und dann bin ich nach Wien gefahren, wo der Nuntius mir kundgetan hat, dass Papst Franziskus mich zum Weihbischof für die Diözese Graz-Seckau ernennen möchte. Wir haben dann zum Glück ein sehr gutes Gespräch geführt, in dem er mich zu einer Herzensentscheidung hingeführt hat.
- Was bedeutet diese Entscheidung für Sie?
Das hat meinen persönlichen Lebensplan völlig durchkreuzt. Denn von einem auf den anderen Augenblick ist man aus seiner Lebenswelt heraus und kommt in diese nie mehr zurück. Es war für mich wirklich auch eine Prüfung an meine Berufung von Gott, weil ich daran erinnert worden bin, dass ich mein Leben Gott geweiht, es ihm geschenkt und auch der Kirche zur Verfügung gestellt habe. Und wenn der Papst im Namen der Kirche um einen Dienst bittet, muss man schon schwerwiegende Gründe haben, dass man sagt, ich urteile nach meiner persönlichen Befindlichkeit. Es war eine herausfordernde Stunde, aber ich habe trotzdem auch das Grundvertrauen gespürt, dass Gott mich führt und mich ganz fest an sich bindet und umgekehrt auch.
- Wie äußert sich das konkret?
Der Gottesdienst am Sonntag in Trofaiach und die Ansprache waren nicht leicht, weil ich hier wirklich zu Hause bin. Was ich da gesagt habe, hatte ich nicht vorbereitet, also habe ich es von Gott zu mir selber gesagt: Man kann sich nicht gegen Gott stellen oder sich gegen das Leben stemmen, sondern muss geschehen lassen. Und das übe ich jetzt ein - geschehen lassen und es innerlich annehmen. Das ist manchmal herausfordernd, manchmal geht es schon besser. Aber die ersten Tage waren eine Spanne zwischen Weinen und manchmal auch Lachen. Jetzt versuche ich wieder, Herz und Hirn in Einklang zu bringen.
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- “Ich war selber sehr überrascht, freue mich nun aber über diese neue Aufgabe", sagt der neue Weihbischof Johannes Freitag.
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- Haben Sie auch ein bisschen Respekt oder Angst vor der neuen Aufgabe?
Also Respekt und Demut gehören auf jeden Fall zu dieser Aufgabe, weil die kann man nicht mehr persönlich bewältigen. Da braucht man das Miteinander vieler. Man braucht ein Team, das miteinander Dinge erarbeitet, die man dann hinausträgt oder vermittelt. Es braucht wohlwollende Priester in unserer Diözese, das Miteinander mit allen Hauptamtlich-Tätigen und vor allem mit ganz vielen Ehrenamtlichen. Was schon sehr überwältigend war, war einfach diese Ermutigung durch 600 WhatsApp-Nachrichten und über 200 SMS und alle wollten mich erreichen, was schier unmöglich zu beantworten ist. Diese Ermutigung und vor allem die Freude vieler, dass ich diesen Dienst übernehme, erweckt in mir auch so eine ernsthafte Freude. Es hat das Vertrauen größer gemacht als die Unsicherheit und die Angst. Die sind seit einigen Tagen völlig weg, weil ich das Gefühl habe, Gott hat seine Hand im Spiel.
Ich bin gespannt, wie er weiterführt.
- Was macht ein Weihbischof? Welche Aufgaben gehören dazu?
Ein Bischof ist letztlich der Hirte und seine Insignien, die Zeichen seines Dienstes, bringen das zum Ausdruck. Der Ring als Zeichen der Treue. Das Kreuz als Zeichen zu Christus gehörend. Die Mitra als Zeichen einer gewissen Würde für ein Amt und einer gewissen Vollmacht und Gestaltungsmöglichkeit. Und der Bischofsstab erinnert an diesen Hirtendienst. Papst Franziskus hatte das sehr schön in seiner ersten Enzyklika Evangelium Gaudium geschrieben: Der Hirte muss manchmal vorausgehen, um Orientierung zu geben. Also wenn Zeiten herausfordernd sind oder Gefahren drohen oder Verunsicherung da ist, muss er Orientierung geben. Aber die meiste Zeit muss der Hirte eigentlich inmitten seiner Herde unter den Menschen sein, um zu wissen, wie geht es der Herde? Das kann er aber nur, wenn er mittendrin ist, er muss den Stallgeruch haben. Und man muss als Hirte auch, sagt Franziskus, was mir sehr gut gefällt: Man muss auch gelassen sein, sich zurücknehmen, sich nicht so wichtig nehmen. Der Hirte muss manchmal auch aus einer gewissen Distanz schauen, denn die Herde hat auch einen Naturinstinkt. Das Volk Gottes lässt sich auch von Gott führen. So wie ich für das Volk Gottes Christus repräsentiere in meinem Hirtendienst, ist umgekehrt für mich Christus gegenwärtig in den Lebensgeschichten, Glaubensgeschichten von Menschen, in ihren Lebensumständen, Erfahrungen, auch in ihren Schicksalsschlägen, mit dem, was ihr Leben bewegt.
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- Hier schon an der Seite des Bischofs: Pfarrer Johannes Freitag (r.) mit Norbert Weber, Volker Müller, Alexandra Stingl-Enge, Bischof Wilhelm Krautwaschlund Bgm. Mario Abl (v.l.).
- Foto: Freisinger/Armin Russold
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- Wann haben Sie eigentlich diese Entscheidung getroffen, dass Sie den Weg als Priester einschlagen?
Als Kind habe ich durch meine Eltern immer ein Bild des christlichen Glaubens und des Brauchtums und der Traditionen vermittelt bekommen. Bei mir ist es immer sehr stark zum Leuchten gekommen, sodass ich in der Grundschule gesagt habe, dass ich Pfarrer werde. Und dann in der Oberstufe wollte ich in die Wirtschaft gehen und habe mich in der European Management Academy in Wien beworben. Aber unmittelbar vor der Matura ist der Wunsch wieder wach geworden, warum nicht Priester?
Und dann habe ich mein Theologiestudium begonnen mit all dem, was diese Zeit an Höhen und Tiefen und Fragen mit sich bringt. Und dann bin ich einmal weggegangen vom Priesterseminar, weil ich nicht mehr wusste, will ich Priester werden oder wollen es die anderen? Da war ich auch beurlaubt. Und in der Zeit eigentlich ist für mich diese Herzensentscheidung gereift und ich habe gesagt, das ist mein Weg. Und dann habe ich mein Studium abgeschlossen und bin nach einigen Praktika im Juni 2000 zum Priester geweiht worden. Also genau heuer vor 25 Jahren. Später durfte ich für die Diözese ein Wirtschaftsstudium ablegen, das hat mich sehr gefreut.
- Manche sagen ja, dass Sie eher moderne Ansichten haben. Würden Sie das auch sagen?
Das würde ich so nicht unterschreiben. Ich habe zum Spaß immer gesagt, ich bin "Priester 2000, das neue Modell". Spaß beiseite, ich bin ein aufgeschlossener Mensch und liebe die Welt, wie sie ist. Ich fühle mich in einer Kirche, die in einer pluralen Gesellschaft das Salz ist und einen Teil bildet, wohler als in einer Staatskirche oder Traditionskirche. Ich bin geprägt vom Industriegebiet: Die Militärseelsorge war eine wahnsinnig wichtige Schule für mich. Aber ich bin auch einer, der klar zu seiner Wertegemeinschaft steht. Wahrscheinlich konservativ in diesem Sinn, dass ich zu christlichen Werten und dem, was ich als katholische Tradition einschätze, stehe. Aber diese Werte gelten innerhalb dieser Wertegemeinschaft. Ich kann sie nicht allen aufzwingen. Für mich ist spannend: Was sind unsere verbindenden Werte in der pluralen Gesellschaft? Ich finde es wahnsinnig faszinierend, wenn man achtsam ist, wie Gott sich heute offenbart: In dieser vielleicht für mich gottlosen Gesellschaft, gottlosen Situation oder in diesen manchmal glaubensleeren Räumen. Was Gott beginnt, das begleitet er und das wird er vollenden. So habe ich als Priester schon das Gefühl gehabt und jetzt liegt eine neue Wegstrecke als Weihbischof vor mir. Das Grundvertrauen ist gleich geblieben.
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