Kampf gegen Angstschnitte!
Neue Baumhaftung ab 1. Mai 2024!

Der Umweltschutz als Grund für eine Novellierung des Schadenersatzrechts im ABGB, das kommt nicht jeden Tag vor. Der Nationalrat hat in seiner März-Session einstimmig (!) eine Änderung des Haftungsrechts bei Bäumen beschlossen. Herangezogen wurde bei Schäden durch das Umstürzen eines Baumes bis dato die Bauwerkehaftung des § 1319 ABGB, die mit einer Beweislastumkehr des Halters verbunden war. Dies hatte zur Folge, dass viele Baumeigentümer Angst vor einem Schadenseintritt hatten und daher bereits bei geringsten Risiken Bäume im öffentlichen Raum fällten bzw. zerschnitten. Am 1. Mai 2024 tritt nun der § 1319 b ABGB in Kraft, der diese analoge Anwendung beseitigt und Haftungserleichterungen nach sich zieht.

Der neue Paragraph wird dann angewendet, wenn „durch das Umstürzen eines Baumes oder durch das Herabfallen von Ästen ein Mensch getötet oder an seinem Körper oder seiner Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt wird“. Andere Schadensfälle (wie z.B. der Sturz eines Arbeiters vom Baum oder der Anprall eines stürzenden Schifahrers gegen einen Baum) werden unter diese Bestimmung nicht subsumiert.

Der Halter des Baumes (also der Eigentümer oder der Pächter des Grundstücks) haftet in den genannten Fällen für den Ersatz des Schadens, wenn er diesen durch Vernachlässigen der erforderlichen Sorgfalt bei der Prüfung und Sicherung des Baumes verursacht hat. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage gelten die allgemeinen Regelungen über die Beweislast, d.h. der Geschädigte muss nachweisen, dass der Baumhalter die erforderliche Sorgfalt vernachlässigt hat.

Die entsprechenden Sorgfaltspflichten des Baumhalters werden im Absatz 2 konkretisiert. So sind diese insbesondere vom Standort, der damit verbundenen Gefahr, der Größe, dem Wuchs und dem Zustand des Baumes sowie von der Zumutbarkeit von Prüfungs- und Sicherungsmaßnahmen abhängig. Die Sorgfaltspflichten bei Bäumen neben Kinderspielplätzen oder auf stark frequentierten Verkehrswegen sind naturgemäßer höher als bei Bäumen im Hinterhof oder außerhalb des Siedlungsraumes.

Die ABGB-Novelle gilt nicht für Bäume in Wäldern. Dort gilt weiterhin § 176 Forstgesetz. Seit der Öffnung der Wälder für alle im Jahr 1975 haften Waldeigentümer und sonstige an der Waldbewirtschaftung mitwirkende Personen nur mehr für Forststraßen und öffentliche Wege. Wird ein Schaden auf Wegen durch den Zustand des danebenliegenden Waldes verursacht, so haften die betreffenden Personen nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.

„Durch die Haftungserleichterung können sogenannte Angstschnitte, die oft in den Ballungsräumen vorgekommen seien, der Vergangenheit angehören“, so die Justizministerin Zadic in der Nationalratssitzung. Auch die Erläuterungen zum neuen Paragraphen betonen ausführlich den ökologischen Wert und die Gemeinwohlwirkung von Bäumen, von der Temperaturabsenkung (durch Verdunstung und Beschattung), der Reduzierung des Treibgaseffekts bis hin zu luftverbessernden Wirkungen und dem Schutz des Bodens vor Erosion.

Scharfe Kritik erhebt die Obfrau des Verbraucherschutzvereins, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, gegen die einstimmig beschlossene Novellierung der Baumhaftung. Aufgrund der Beweislastumkehr werde es kaum mehr Schadenersatzansprüche geben. Man argumentiere mit dem Schutz von Bäumen, die Spur des Geldes führe aber zur Versicherungswirtschaft, die sich viel Geld aus dem Titel der Haftpflicht erspare. Die Zeit wird weisen, ob sie Recht hat.

www.oliverplischek.at

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