Bezirksparlament Josefstadt
Rechtsabbiegen für Radler, Neutralitätsdebatte & Co

Das Bezirksparlament tagt regelmäßig im Amtshaus am Schlesingerplatz.  | Foto: Tobias Schmitzberger
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Wie soll es in der Josefstadt weitergehen? Darüber berät das Bezirksparlament im Achten. Für zahlreiche Angelegenheiten wurden nun die Weichen gestellt: von Rechtsabbiegen für Radfahrende über einen weiteren Defibrillator in der Josefstadt bis hin zu der Re-Aktivierung des Brunnens in der Pfeilgasse.

WIEN/JOSEFSTADT. Es war gegen 21.30 Uhr, als es beim jüngsten Josefstädter Bezirksparlament endlich so "richtig" zur Sache ging. Um diese Zeit hatte man diverse Anfragen - die meisten hatte die Josefstädter ÖVP gestellt - endlich fertig debattiert. Nun ging es ans eingemachte, nämlich: an die Anträge. 

Den Auftakt machte dabei ein Antrag der Grünen. Dabei wurde die zuständige Magistratsabteilung 46 ersucht, an mehreren Kreuzungen das "Rechtsabbiegen bei Rot für's Rad" zu prüfen.

Rechtsabbiegen für Radler an 7 Kreuzungen?

Denn das macht seit 1. Oktober eine neue Gesetzesnovelle in ganz Österreich möglich. An bestimmten Kreuzungen kann nun für Radlerinnen und Radler das Rechtsabbiegen auch bei roter Ampel erlaubt werden. Folgende Kreuzungen sollen jetzt auf grünen Wunsch im Achten vom zuständigen Magistrat überprüft werden:

  • Lerchenfeder Str. westwärts in die Piaristengasse nordwärts
  • Lerchenfeder Str. westwärts in die Albertgasse nordwärts
  • Josefstädter Str. ostwärts in die Strozzigasse südwärts
  • Josefstädter Str. ostwärts in die Lange Gasse südwärts
  • Josefstädter Str. westwärts in die Piaristengasse nordwärts
  • Florianigasse ostwärts in die Lederergasse südwärts
  • Florianigasse ostwärts in die Lange Gasse südwärts
Das Josefstädter Bezirksparlament tagte wieder am 28. September 2022 – und es ging heiß her.  | Foto: Tobias Schmitzberger
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Dieser Antrag wurde vom Bezirksparlament einstimmig angenommen – Neos-Klubobfrau Birgit Kleinlercher hielt dies gar für einen "hervorragend" formulierten Antrag. 

Radeln gegen die Einbahn

Das Radeln war auch Inhalt eines zweiten Antrags, der von Grünen und SPÖ gemeinsam eingebracht wurde. Dabei stand aber das Radfahren gegen die Einbahnstraße im Vordergrund. Der Antrag wurde mit zwei Gegenstimmen angenommen.

Die Magistratsabteilung 46 wird nun ersucht, in folgenden acht Straßen im 8. Bezirk zu prüfen, ob man dies ermöglichen könne:

• Wickenburggasse (zwischen Florianigasse und Alser Straße)
• Schlösselgasse (zwischen Florianigasse und Laudongasse)
• Lammgasse
• Fuhrmannsgasse
• Lerchengasse (zwischen Josefstädter Straße und Pfeilgasse)
• Tigergasse
• Daungasse
• Buchfeldgasse

Im Sommer fahren viele Wienerinnen und Wiener mit dem Fahrrad. | Foto: Miriam Al Kafur
  • Im Sommer fahren viele Wienerinnen und Wiener mit dem Fahrrad.
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ÖVP pro "Photovoltaik"

Schon im Interview mit der BezirksZeitung hat die stellvertretende Bezirksvorsteherin Veronika Mickel (ÖVP) angekündigt, dass die ÖVP im 8. Bezirk verstärkt auf Solarenergie und Photovoltaik setzen wolle. Nun stellte sie auch einen entsprechenden Antrag im Bezirksparlament: die zuständigen Magistrate und das Denkmalamt sollten doch überprüfen, auf welchen Josefstädter Dächern man überall Photovoltaik- oder Solarmodule installieren könne. Darauf aufbauend sollen die Eigentümerinnen und Eigentümer über entsprechende Möglichkeiten informiert werden. 

Dies sorgte zuerst für etwas Verwunderung bei den Grünen. Bezirksrat Emir Dizdarević merkte so an, dass es doch schon einen Kataster der Stadt Wien gebe. Dort ist schon jetzt einsehbar, wo man überall solche Module installieren kann.

Mickel-Göttfert wünscht sich unter anderem eine Photovoltaik-Offensive im 8. Bezirk.  | Foto:  Los Muertos Crew/Pexels
  • Mickel-Göttfert wünscht sich unter anderem eine Photovoltaik-Offensive im 8. Bezirk.
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Mickel erklärte daraufhin den Sinn des Antrags, denn sie erwartet sich einfach mehr Initiative von der Stadt Wien: "Man muss aktiv auf die Leute zugehen und ihnen mitteilen: 'Ihr habt ein Dach, wo man Module installieren kann. Dazu gibt es diese und jene Förderung.'"

So erhofft man sich seitens der ÖVP, dass mehr Eigentümer und Eigentümerinnen solche Module auf ihre Häuser aufbauen. Der Antrag wurde einstimmig dem Bauausschuss zur weiteren Beratung zugewiesen. 

Ein neuer Defi für den Achten

Einen weiteren ÖVP-Antrag stellte deren Bezirksrätin Judith Edelmann vor – man fordert einen weiteren, rund um die Uhr öffentlich zugänglichen Defibrillator ("Defi") im Achten. "Aktuell gibt es nur einen  jederzeit verfügbaren Defi in der Polizeiinspektion Fuhrmangasse", so Edelmann: "Das sollten mehr sein."

Ein Defi ist ein Gerät, dass im Falle eines plötzliche Herzstillstands zur Ersten Hilfe eingesetzt werden kann. Darüber gab es im Josefstädter Bezirksparlament keine große Diskussion: Der Antrag wurde einstimmig angenommen. 

Wer zahlt einen neuen Brunnen?

Eine etwas überraschende Debatte entbrannte um einen SPÖ-Antrag. Dabei sollten die zuständigen Stellen der Stadt Wien ersucht werden, in einem kleinen Brunnen in der Pfeilgasse 10-12 wieder das Wasser sprudeln zu lassen – bisher ist er nämlich deaktiviert. 

Die SPÖ-Klubobfrau Sanja Drazic vor dem Brunnen in der Pfeilgasse, der wieder eingeschaltet werden soll.  | Foto: SPÖ Josefstadt
  • Die SPÖ-Klubobfrau Sanja Drazic vor dem Brunnen in der Pfeilgasse, der wieder eingeschaltet werden soll.
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Die ÖVP in Form von Bezirksrätin Sylvie Walch konnte dem durchaus etwas abgewinnen: "Der Antrag ist sehr sympathisch. Einen denkmalgeschützen Brunnen wieder aufleben zu lassen – das g'fallt mir!" Die ÖVP stimmten dem folgerichtig auch zu. 

Im Gegensatz zu den Grünen: wobei diese vor allem mit der Finanzierung des Projekts ein Problem hatten. Im SPÖ-Antrag steht nämlich der Satz, dass die entstehenden Aufwände und Kosten "aus dem Bezirksbudget getragen" werden sollen. Die Grünen warren hier skeptisch und argumentierten, das sei gar nicht möglich – denn das Grundstück, worauf der Brunnen steht, gehöre Wiener Wohnen. Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Lena Köhler (Grüne) argumentierte daher, man solle einfach den Passus streichen.

Das trieb den Puls von Bezirksrat Traunmüller in die Höhe: "Wir wollen nicht, dass am Ende die Bewohner und Bewohnerinnen des Gemeindebaus zahlen müssen". Es gebe auch andere Stellen, wo der Grund zwar der Stadt Wien oder vorgelagerten Institutionen gehöre, aber der Bezirk diverse Projekte finanziert habe. Letztlich stimmten nur die Grünen gegen den Antrag – ein aktiv Brunnen in der Pfeilgasse 10 bis 12 könnte also tatsächlich kommen.

Wirbel um Verkehrsberuhigung

Ein Neos-Antrag gegen Ende der Sitzung gipfelte dann noch in einer Diskussion über die persönliche Befangenheit mancher Mandatarinnen und Mandatare. Neos-Klubobfrau Kleinlercher erklärte, dass man doch die Wohnstraße Josefsgasse auflassen solle.

Die Neos können sich eine Sackgasse in der Josefsgasse vorstellen (Symbolbild). | Foto: Brandl
  • Die Neos können sich eine Sackgasse in der Josefsgasse vorstellen (Symbolbild).
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Stattdessen solle man andere effektive Maßnahmen prüfen, um eine Verkehrsberuhigung der Straße zu erreichen. Angeblich sei dieses Ziel mit der Einrichtung einer Wohnstraße nämlich derzeit nicht erreicht worden – ins Spiel brachten die Neos nun das Einrichten einer Sackgasse. 

Für ÖVP-Mandatar Adam Christian hatte dies ein "G'schmäckle". Dies deshalb, weil Kleinlercher an der Straße wohne. "Seit Beginn der Periode setzen sich die Neos nun für die Josefsgasse ein", so Adam. Zynisch bemerkte er auch, es sei ein Pech, dass nicht mehr Neos-Mandatare und Mandatarinnen an Straßen wohnten und sich dafür einsetzen. 

"Spinnst du?"

Das brachte Kleinlercher sichtlich auf die Palme, sie quittierte das mit einem hörbar verärgerten "Spinnst du?" in Adams Richtung. Sie nahm so einen Ordnungsruf von Florian Wunsch – übrigens mit 26 Jahren der jüngste Mandatar in der Bezirksvertretung, der erstmals die Sitzung leitete – in Kauf. 

Zu ihrer Verteidigung rückte aber prompt der grüne Mandatar Bernd Kantoks aus: "Das finde ich schon ein bisschen hart. Wir alle leben im Bezirk und viele Anträge behandeln Themen vor unserer Haustür." Wenn man so anfangen würde, könne in jeder Sitzung ein Antrag kritisiert werden. Der Neos-Antrag um eine Verkehrsberuhigung der Josefsgasse wurde letztlich einstimmig in die Mobilitätskommission zugewiesen. 

Kein Bekenntnis zur Neutralität

Die Debatte endete dann noch mit einer Debatte über Österreichs Neutralität – eingebracht von Bezirksrat Herbert Fuxbauer (LINKS). Dieser forderte in einem Resolutionsantrag ganz am Ende der Sitzung ein Bekenntnis zur "immer währenden Neutralität" Österreichs. 

Das löste tatsächlich eine Kontroverse aus. ÖVP-Klubobmann Florian Mauthe stieß es etwa sauer auf, dass die Neutralität doch 1945 gerade auf Drängen der russisch dominierten Sowjetunion in Österreichs Verfassung niedergeschrieben wurde. Dass im Jahr 2022 wieder verstärkt in Erinnerung rufen zu wollen, wenn Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führe, fand er eigenartig. 

Kein völliges Bekenntnis zur "immerwährenden Neutralität" gibt es aus dem Bezirksparlament des 8. Bezirk.  | Foto: pixabay.com
  • Kein völliges Bekenntnis zur "immerwährenden Neutralität" gibt es aus dem Bezirksparlament des 8. Bezirk.
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In diesem Punkt fand er dann auch Zustimmung von der grünen Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Köhler: "Es herrscht ein Konflikt, wo wir letztlich nicht mehr neutral sein können und wir verhalten uns auch längst nicht mehr neutral." Auch SPÖ-Bezirksrätin Elke Probst sagte: "Ich bin in dieser Frage nicht neutral und möchte mich in einem Angriffskrieg von Putin nicht neutral verhalten." 

Nur zwei Stimmen pro Neutralitäts-Bekenntnis

Die Neos wiederum beriefen sich darauf, dass sie die Neutralität generell als veraltetes Konzept ansehen und etwa auch für eine europäische Sicherheitspolitik mit einem gemeinsamen europäischen Heer einstehen. 

Letztlich verließen massenhaft Mandatarinnen und Mandatare  den Saal, die Beschlussfähigkeit war letztlich nur noch knapp gegeben. Zwei Personen stimmten für den Antrag, und zwar Fuxbauer (LINKS) und ein ÖVP-Mandatar. 

Es war das turbulente Ende einer langen Sitzung, die gegen 23.30 zu Ende ging. Trotz langer und heißer Debatten wurden viele Anträge angenommen oder zumindest Kommissionen zugewiesen. So wurde also verbal hart und ausdauernd gerungen – aber zumindest wars wohl für viele Anliegen der Mandatarinnen und Mandatare nicht umsonst. 

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