Kaum Vorteile für Einsatzkräfte
Die Begeisterung für die Rettungsgasse hält sich im Wienerwald in Grenzen, doch es gibt keinen Weg zurück.
REGION WIENERWALD (mh). Seit Jänner 2012 gilt in Österreich die Rettungsgasse. Bis zu vier Minuten Zeitersparnis sollte die Neuregelung den Einsatzkräften im Notfall bringen. Die Realität sieht leider oft noch anders aus. Drängler, die eine frisch gebildete Rettungsgasse nutzen, um dem Stau zu entkommen, ausländische Fernfahrer, zu denen sich die Regelung nicht herumgesprochen hat, Chaos. Nun wurde eine offizielle Studie der ersten beiden Jahre präsentiert (siehe Geschichte links). Die Bezirksblätter befragten Einsatzkräfte und Pendler aus der Region über ihre Erlebnisse.
Weitere Aufklärung nötig
"Als täglicher Pendler über die Westeinfahrt nach Wien ist mir in den letzten Monaten bei Staus aufgefallen, dass die Rettungsgasse bei zwei Spuren ganz gut funktioniert", sagt Ignaz Mascha. Als Kommandant der Feuerwehr Neulengbach-Stadt sehen seine Erfahrungen jedoch anders aus: "Die Rettungsgasse klappt nur sehr selten und eine Zeitersparnis bei Einsätzen auf der Autobahn konnte ich noch nicht feststellen." Der Pannenstreifen habe als Fahrbahn für die Einsatzfahrzeuge besser funktioniert, so Mascha, doch "die Rettungsgasse ist letztendlich der Schuhlöffel dazu, dass man jetzt keinen Pannenstreifen mehr braucht und beim Bau von Autobahnen sparen kann." Auch beim Arbeitersamariterbund Altlengbach erinnert man sich nur an wenige Einsätze, bei denen die Bildung des Fahrwegs für Rettungskräfte reibungslos geklappt hat. "Es wird sicher noch ein paar Jahre dauern, bis das so gemacht wird, wie es eigentlich gehört", sagt ein freiwilliger Sanitäter. Eine Rückkehr zur alten Regelung halten dennoch beide nicht für sinnvoll: "Das würde nur zusätzliche Verwirrung stiften", meinen die beiden unisono.
ZUR SACHE
Seit 1. Jänner 2012 muss die Rettungsgasse vorausschauend gebildet werden. Das bedeutet: Sobald der Verkehr ins Stocken gerät und ein Stau droht, machen alle Verkehrsteilnehmer – egal ob Pkw, Lkw, Motorräder oder Busse – den Weg frei. So können Rettung, Feuerwehr und Polizei im Notfall ungehindert passieren und bis zu vier Minuten sparen. Die Rettungsgasse ist bei jeder Staubildung immer Pflicht, nicht nur, wenn ein Unfall passiert ist. Die Rettungsgasse gilt auf allen Autobahnen und Schnellstraßen bzw. Autostraßen. Video-Anleitung auf www.rettungsgasse.com.
KOMMENTAR
Rettungsgasse durch den Fleckerlteppich
Wenn ihre Einführung wohl auch damit zu tun hat, dass durchgehende Pannenstreifen auf Autobahnen immer seltener werden und durch schmale Bankette mit vereinzelten Pannenbuchten ersetzt werden, grundsätzlich ist die Idee der Rettungsgasse begrüßenswert. Irgendwo müssen die Einsatzkräfte bei einem Stau schließlich fahren können. Fragwürdig ist allerdings, warum unser derzeitiges System in Deutschland und Österreich praktiziert wird, während in allen anderen europäischen Ländern leicht abweichende oder gar keine Regelungen vorhanden sind. Wie soll ein System funktionieren, das nicht einheitlich für den europäischen Staatenfleckerlteppich gilt? In vielen, möglicherweise gar nicht notwendigen Bereichen gibt es einheitliche EU-Regelungen, doch in dieser logisch eindeutig nachvollziehbaren Angelegenheit soll der Lenker nach jeder Grenze umdenken.
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