5 Minuten: Der Wiener als Grantler
WIEN. Der Wiener ist ein besonderer Menschenschlag. Es gibt eigentlich nichts, woran der echte Hauptstädter nicht etwas auszusetzen hätte. Das Wetter etwa ist einfach zu heiß oder zu kalt oder zu viel Wetter eben. So wirklich gut kann es einfach nicht sein.
Meine Tante hat schon seit jeher Probleme, die echten Wiener zu verstehen – nicht nur sprachlich. Sie ist Burgenländerin und lebte Jahrzehnte in Floridsdorf und danach in Favoriten. Die Stadt, die Bezirke findet sie immer noch toll, nur was die Menschen alles an ihrem Grätzel auszusetzen haben, das hat sie immer verwundert. Nicht nur deshalb ist sie wieder ins Burgenland "geflüchtet".
Wien hat mein Tantchen jedoch in seinen Bann gezogen und sie kommt immer wieder. "Die U1-Verlängerung finde ich gut gelungen", erzählte sie mir kürzlich. "Kannst du dich noch erinnern, wie die 67er-Bim oft herumgezuckelt ist und im Stau stand?" Anlass war ein Gespräch, das sie in der U-Bahn gehört hatte: "Da haben die Wiener geraunzt, dass die Straßenbahn viel schneller war und die Menschen aus Oberlaa jetzt viel länger in die Arbeit brauchen als vorher", wunderte sie sich immer noch. Dazu kam noch der Ärger der Öffi-Nutzer, die zum Teil elf Minuten auf den Bus oder sieben Minuten auf die U-Bahn warten müssen. "Ganz schlimm", übt sich meine Tante in Sarkasmus: "In der Zeit könnte man ja sinnvollerweise ein Buch lesen – oder zeitgemäßer: ins Handy schauen. Tja, Wien ist eben die einzige Stadt, in der eine Verbesserung eigentlich immer etwas Schlechtes ist", gibt sie es auf, die Wiener verstehen zu wollen.
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