Vorwürfe gegen Lego
Wiener Anwältin äußert sich zur Causa "Die Klemme"

Steine und deren Schutz wurden zu einer Rechtscausa rund um einen Wiener Einzelhändler und den Spielwarengigangten Lego. | Foto: M W/Pixabay
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Zuletzt wurde es laut rund um den dänischen Spielzeughersteller Lego und den kleinen Shop "Die Klemme" in Wien. Ersterer würde mehr oder minder gezielt gegen letzteren rechtlich vorgehen, so der Einzelhändler hinter dem Shop. "Die Klemme" müsse schließen, der Aufschrei in der Szene ist groß. MeinBezirk.at konnte mit einer Wiener Anwältin zu dem Fall sprechen.

WIEN/BRIGITTENAU. Es sind schwere Anschuldigungen, welche der Brigittenauer Einzelhändler Markus Leopold-Blaim via Videobotschaften auf YouTube erhebt. Seine Ware sei vom österreichischen Zoll beschlagnahmt worden. Jetzt werde er von Lego gezwungen, Waren von anderen Herstellern aus seinem Geschäft "Die Klemme" zu nehmen.

Es sei ein "Genickschuss", so der Unternehmer, der sich eben genau auf diese sogenannten alternativen Hersteller spezialisiert hat. Er müsse jetzt quasi sein gesamtes Sortiment aus dem Verkehr ziehen. Er rief in den letzten Wochen den Abverkauf aus, sonst stünde er vor dem finanziellen Ruin. Lego selbst wollte sich zu dem Fall im Detail nicht näher äußern. Leopold-Blaim wiederum spricht gar von einer "Erpressung" und einer "Nötigung" von Seiten des dänischen Konzerns.

Markus Leopold-Blaim erklärte via YouTube, dass der dänische Konzern Lego gegen ihn rechtlich vorgehe. | Foto: Niklas Varga
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Es gehe um von Lego geschützte Steine, welche in den Bausteinsets dieser alternativen Hersteller sind, welche "Die Klemme" bezieht. Das Problem: Er könne erstens diese Steine nur schwer vorab ausfindig machen und aus den Sets nehmen und zweitens würde man mit harten Bandagen gegen ihn vorgehen. Nicht jedoch gegen große Hersteller und Händler, welche diese Sets munter weiterverkaufen. Gleichzeitig händige man die abgefangene, aber rechtlich erlaubte Ware nur aus, wenn sich der Kleinunternehmer dazu verpflichte, die restliche, von Lego beanstandete Ware zu vernichten. Die konkreten Vorwürfe von Leopold-Blaim findest du in diesem Artikel:

Wiener Händler sieht "Erpressung" von Lego

MeinBezirk.at ist es gelungen, mit der Rechtsanwältin Fiona List von der gleichnamigen Währinger Anwaltskanzlei zu sprechen. List ist keine Unbekannte in Wien, setzt sie sich als Vertretung der Gegner mit den Verfahren rund um die mögliche Seilbahn Kahlenberg auseinander oder machte sich auch für die Anrainerrechte im Fall der von Martin Ho betriebenen Discothek "Hidden Club" stark.

Generell vertritt List zahlreiche Unternehmen und Bürgerinteressen. Und wie sieht es in dem Fall "Der Klemme" aus? Was hat es mit diesen Schutzrechten auf sich? Sie die Vorwürfe des Brigittenauer Geschäftstreibenden zulässig? Und ist das Vorgehen von Lego gegen den Händler überhaupt legitim?

"Überprüfung fällt für Händler schwer"

Frau List, es geht hier laut Leopold-Blaim um den eingetragenen, "ungeprüften" Designschutz. Was bedeutet in diesem Kontext "ungeprüft"?
FIONA LIST: Ein Design als solches lässt sich gemäß dem Musterschutzgesetz 1990 schützen. Dabei muss ein Design bzw. ein Muster laut Paragraf 2 des Musterschutzgesetzes eine gewisse Eigenart und Neuheit aufweisen. Wenn ein Design die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, dann lässt sich dieses spezifische Design schützen.

Fiona List ist in der gleichnamigen Rechtsanwaltskanzlei in Währing tätig. | Foto: List Rechtsanwälte
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Für einen solchen Schutz benötigt es einen Antrag des Unternehmens beim Patentamt. Wenn ein solcher Antrag beim österreichischen Patentamt eingeht, dann prüft dieses, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Eintragung des Schutzes vorliegen, dies kann einige Zeit dauern. Wenn Herr Leopold-Blaim also sagt, dass derzeit nur ein „ungeprüfter“ Schutz besteht, dann besteht vielmehr mit hoher Wahrscheinlichkeit noch gar kein Schutz.

Leopold-Blaim argumentiert, dass es ihm zu einem großen Teil gar nicht möglich ist, nachzuvollziehen, welche fraglichen Steine überhaupt diesem Schutz unterliegen. Ist dem denn wirklich so? Gibt es kein Register dafür, etc.?
Wenn noch kein eingetragener Musterschutz besteht, dann kann man einen solchen auch nicht überprüfen. Für bereits bestehende Muster gibt es Register mit eingetragenen Schutzrechten. Es ist dennoch verständlich, dass es für Herrn Leopold-Blaim schwer nachzuvollziehen ist, was nun genau geschützt ist, da das Register ziemlich unübersichtlich ist und es sich ja um einzelne Steine handelt. Oft wird man nicht wissen, welche Steine genau in den von Lego beanstandeten Sets verbaut sind, deshalb fällt hierbei eine Überprüfung im Vorhinein schwer.

Unwissenheit schützt nicht

Die Hersteller stammen zu einem großen Teil aus Asien. Ist dies eine gängige bzw. rechtlich konforme Vorgehensweise, dass man bei Verletzungen gegen den Designschutz gegen den Importeur, also Leopold-Blaim, vorgeht? Selbst wenn dieser die einzelnen Bestandteile der Sets gar nicht kenne? 
Grundsätzlich normiert der Paragraf 34 Musterschutzgesetz, dass derjenige, der in seinem Musterschutz verletzt worden ist, einen Anspruch auf Unterlassung, Beseitigung, angemessene Entgelt, Schadenersatz und Herausgabe des Gewinns hat. Es steht den Unternehmen daher frei, sowohl den Hersteller als auch andere Dritte, wie Personen, die die Sets vertreiben, oder Importeure zu belangen.

Leopold-Blaim erklärt, es sei für ihn schwer, die Übersicht zu behalten, welche Steine geschützt sind. Anwältin List sieht dies als möglich. | Foto: Niklas Varga
  • Leopold-Blaim erklärt, es sei für ihn schwer, die Übersicht zu behalten, welche Steine geschützt sind. Anwältin List sieht dies als möglich.
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Wie Herr Leopold-Blaim richtig sagt, ist es für Lego deutlich einfacher einen kleinen Vertreiber von Spielwaren rechtlich zu belangen als die großen Hersteller, die im nichteuropäischen Ausland sitzen. Als Beispiel ist hier auch Amazon zu nennen, die Klemmbausteinsets von verschiedensten Herstellern vertreiben und ebenfalls nicht rechtlich von Lego belangt werden.

Es ist zwar richtig, dass man nicht sämtliche verbauten Steine eines solchen Sets kennen kann, dies schützt in weiterer Folge dennoch nicht davor, dass man eine Musterschutzverletzung begeht.

Hätte Lego anders handeln können?

Leopold-Blaim erwähnt, dass bei manchen beanstandeten Steinen erstinstanzlich der Designschutz gekippt wurde. Hat dies eine Auswirkung auf den Fall? Lego würde laut dem Wiener Händler auf "ein Recht verlangen, das man gar nicht mehr besitzt"? 
In solchen von Herrn Leopold-Blaim erwähnten Verfahren beurteilt das erstinstanzliche Gericht die Gültigkeit oder Wirksamkeit eines Musterschutzrechtes. Wenn bei einer solchen Prüfung herauskommt, dass aufgrund des Fehlens von gesetzlichen Voraussetzungen kein Musterschutz hätte erteilt werden dürfen, dann bedeutet das für das jeweilige Verfahren, dass keine Musterschutzrechtsverletzung vorliegen kann.

Die Welt der Klemmbausteine war schon immer bunt. Mit neuen Herstellern wurde sie auch heterogener. | Foto: Brickfan Vienna
  • Die Welt der Klemmbausteine war schon immer bunt. Mit neuen Herstellern wurde sie auch heterogener.
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Ein solcher Grund für das Nichtvorliegen eines Musterschutzes kann beispielsweise sein, dass keine Neuheit oder Eigenart des jeweiligen Musters gegeben ist und dass das Patentamt dies nur fälschlicherweise angenommen hat. Wenn Herr Leopold-Blaim behauptet, dass Lego auf ein Recht besteht, dass es gar nicht besitzt, wird er vermutlich meinen, dass der jeweilige behauptete Musterschutz eben noch nicht erteilt wurde und sich das Musterschutzverfahren noch in der Anmeldephase befindet. In einem solchen Verfahren hat Lego keinerlei Rechte im Sinne des Paragraf 34 Musterschutzgesetz.

Es steht grundsätzlich im Raum, dass Lego hier gezielt gegen Leopold-Blaim vorgeht. Hätte die Firma rechtlich bzw. praktisch anders auf den Zollfund reagieren können, als dieses Vorgehen jetzt? Ein bekannter YouTuber in der Szene meinte, Lego wäre fast schon gezwungen, so zu handeln – denn der Zoll erwartet sich eine Reaktion?
Um hier eine abschließende Einschätzung treffen zu können, würde es einer Einsicht in die Verfahrensakten des Zolls bedürfen. Hierbei wäre es interessant, wie der genaue Ablauf beim Zoll war. Wurden die Pakete vom Zoll aufgehalten und Lego wurde informiert? Hat Lego dem Zoll den Hinweis gegeben?

Der österreichische Zoll konnte auf Nachfrage von MeinBezirk.at keine genaueren Auskünfte zu dem aktuellen Fall geben. (Symbolbild) | Foto:  BMF/Schrötter
  • Der österreichische Zoll konnte auf Nachfrage von MeinBezirk.at keine genaueren Auskünfte zu dem aktuellen Fall geben. (Symbolbild)
  • Foto: BMF/Schrötter
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Es ist allerdings festzuhalten, dass der Paragraf 34 Musterschutzgesetz dem „verletzten“ Unternehmen die Möglichkeit zur Ergreifung von Maßnahmen gibt. Lego könnte sich auch dafür entscheiden, dass sie nicht rechtlich gegen Herrn Leopold-Blaims Unternehmen vorgeht. Ohne Kenntnis der Akten ist die Beantwortung der Frage nicht möglich.

"Das sind schwere Anschuldigungen"

Laut Leopold-Blaim verlangt Lego, dass er die fragliche Ware aus dem Zollfund vernichten lässt. Nur so würde man jene Ware freigeben, welche rechtlich unbedenklich ist. Der Händler spricht gar von „Erpressung“ bzw. „Nötigung“. Ist dieses genannte Vorgehen der Firma Lego gängige Praxis bzw. rechtlich überhaupt zulässig?
Auch hier ist es schwer, eine abschließende Beurteilung zu treffen, ohne den genauen Verfahrensinhalt zu kennen. Man müsste für eine Beurteilung wissen, um welche Steine es sich handelt, welche Sets betroffen sind, welche Schutzrechte Lego behauptet, usw.

Er war der Lebenstraum von Leopold-Blaim, der Klemmbausteinladen in der Wallensteinstraße. Bausteinsets von Händlern abseits von Lego werden ihm jetzt zum Verhängnis. | Foto: Niklas Varga
  • Er war der Lebenstraum von Leopold-Blaim, der Klemmbausteinladen in der Wallensteinstraße. Bausteinsets von Händlern abseits von Lego werden ihm jetzt zum Verhängnis.
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Eine Nötigung ist jedoch eine sehr schwere Anschuldigung und kann daher nicht bestätigt oder verneint werden ohne Akt. Hier muss man allerdings sehr vorsichtig mit voreiligen Schlüssen und falschen Anschuldigungen sein. Den Angaben von Herrn Leopold-Blaim folgend, scheint Lego keinerlei Recht für das derzeitige Vorgehen zu haben, aber das kann ohne Akt von uns nicht seriös beurteilt werden. Um es aber noch mal ausdrücklich festzuhalten, ist hier eine abschließende Beurteilung ohne zusätzliche Angaben nicht möglich.

Anzumerken ist natürlich, dass alles sehr einseitig ist und natürlich die Rechtsansicht von Lego interessant ist. Darüber hinaus gehe ich kaum davon aus, dass das Zollamt ohne fundierte Rechtsgrundlage einschreiten würde. Herr Leopold-Blaim muss jedoch über rechtliche Dokumente, zum Beispiel Anwaltsbriefe, etc., verfügen und es wäre sehr interessant diese zu lesen.

Weitere Themen:

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