Einst eine Blech- und Bleiwarenfabrik
Neue Nutzung für Industrieruine am Thermenradweg
Ein klassischer Lost Place war über Jahrzehnte die ehemalige Blech- und Bleiwarenfabrik Georg Winiwarter, direkt am Thermenradweg in Gumpoldskirchen gelegen. Die Industrieruine, deren Umrisse sich im Wr. Neustädter Kanal spiegelten, sind ein beliebtes Fotomotiv.
THERMENREGION/GUMPOLDSKIRCHEN. Innerhalb des Areals gab es - teils ungeliebte - Umtriebe. An den Wänden und in den Hallen finden sich als Zeugen dieser Umtriebe zahlreiche "Bemalungen". Der interessanteste Teil des Areals ist der Wasserturm, aus dem heute schon Bäumchen wachsen. Er diente der Wasserspeicherung und Versorgung des Areals. Heute werden kaum noch Wassertürme gebaut, viele alte jedoch restauriert und einer neuen Nutzung zugeführt, sind sie doch Relikte vergangener Architektur.
Das Areal der ehemaligen Fabrik ist jedoch nicht denkmalgeschützt. Ein Teil wurde nun abgerissen, der (von altem Unrat gesäuberte und inzwischen mit Bauzaun abgesperrte) Hauptteil steht noch. Neuer Besitzer ist eine Stiftung der Familie Klinger. Neben dem Areal befindet sich die Firma Klinger. Der ganze Grund ist als Gewerbegrund gewidmet. Was genau mit dem Areal in Zukunft passiert, ist laut Auskunft vom Gumpoldskirchner Bauamt noch nicht bekannt.
Laut Auskunft von Christian Schachenhofer, Facility-Manager der Firma Klinger, bleibt das Gebäude inklusive Wasserturm bestehen, wird also - entgegen anderslautenden Gerüchten - nicht abgerissen. Davon zeugt eben auch die gründliche Säuberung des Areals. Über die Nachnutzung wird derzeit beraten. "Ich gehe davon aus, dass hier heuer nichts weiter passiert", so der Manager auf Nachfrage der Bezirksblätter
Zur Geschichte der alten Blech- und Bleiwarenfabrik
Die Fabrik wurde von dem in der Ukraine (Lemberg) 1822 geborenen Georg Ritter von Winiwarter errichtet. Er war Techniker und Industrieller.
Im Jahr 1851 gründete er mit seinem Bruder Joseph Max und dem Chemiker H. R. Gersheim in Gumpoldskirchen die Blech- und Bleiwarenfabrik Georg Winiwarter, wo nach einem Patent von Gersheim Perkussionszünder und verzinktes Eisenblech hergestellt werden sollte. Ab 1857 wurden auch Bleiprodukte hergestellt. Ab 1865 führte er nach dem Ausscheiden der Mitbegründer das Unternehmen allein weiter. Er produzierte Wellblech, Kesselanlagen und Herde. Schon im Jahr 1858 warb er Johann Baptist Ulrich bei einer deutschen Drahtzugfirma ab, der im Laufe der Jahre die Leitung immer mehr übernahm, speziell als sich Winiwarter aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen musste. Bei der Weltausstellung 1862 in London stattete die Fabrik ein feuerfest und einbruchsicher gestaltetes Büro (Comptoir) aus, das aus verzinktem Eisenblech hergestellt wurde. 1890 verkaufte Winiwarter das Unternehmen schließlich ganz an Ulrich.
Die Fabrik wurde offenbar 1976 stillgelegt. Zeitzeugen berichten jedoch von Schulausflügen in den 1990er-Jahren, als dort noch an Hochöfen gearbeitet wurde.
Fotografin Michaela Vondruska war 2021 mit Erlaubnis der Eigentümer auf dem Areal und hat dort den damaligen Ist-Zustand dokumentiert. (siehe Bildergalerie)
"Es war ein Umschlagplatz für Diebsgut, für Drogen, eine illegale Deponie. Aus dem Areal wurde Kupfer gestohlen und alles Verwertbare. Dem Treiben war trotz aller Bemühungen der damaligen Eigentümer kein Ende zu setzen."
Jetzt ist alles abgesperrt und gesäubert, lediglich die Graffitis zeugen noch von der ehemaligen "Szene".
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