Am Dachboden des Wasserschlosses
Spaziergang am ältesten Dachboden im Bezirk

- Schlossverwalter Wolfgang Machain und Bürgermeister Christian Macho inspizieren das zum Teil 300 Jahre alte Dachgebälk
- hochgeladen von Gabriela Stockmann
Wir begeben uns heute auf einen der ungewöhnlichsten, ältesten, größten, verwinkeltsten und geheimnisvollsten Dachböden im Bezirk Baden - im Wassserschloss Kottingbrunn.
KOTTINGBRUNN. Wie sieht es eigentlich aus über dem Schloss-Festsaal, über dem Gemeindeamt, über dem Glasdach des Innenhofes, über der Kapelle oder in den Zwiebeltürmen? Und liegen dort vielleicht noch Schätze aus Geldfälschers Zeiten? Einer der größten Dachböden im Bezirk Baden, der des Wasserschlosses Kottingbrunn, wartet darauf, entdeckt zu werden.
1991, als die Gemeinde das Schloss kaufte, wurde unter anderem auch die Statik geprüft. "Wir haben Stahlträger eingebaut, die die gesamte Konstruktion zusammenhalten sollen. Und dann haben wir jegliches Gerümpel entfernt und den Dachboden für diverse Reparaturen begehbar gemacht", erinnert sich Schlossverwalter Wolfgang Machain. Das Gebälk ist großteils noch original erhalten und somit einige Jahrhunderte alt, lediglich morsche Balken werden sukzessive entdeckt. Das Dach selbst ist neu gedeckt, mit Ausnahme der Zwiebeltürme.
Die Bau-Struktur ist von oben gut erkennbar
"Man kann vom Dachboden aus ganz gut die unterschiedlichen Bauetappen am Schloss feststellen", berichtet Bürgermeister Christian Macho und deutet auf den Bereich über der Kapelle, die später an die bestehende Außenmauer mit ihren (noch erhaltenen) Balustraden angebaut wurde. Auch das originale Fassaden-Gelb ist noch erhalten. Die unterschiedlichen Geschoßhöhen von Festsaal und heutigen Büroräumen sind auch aus der Dachbodenperspektive gut zu erkennen.
Spuren für die Ewigkeit
Dass der Dachboden einst ein ganz eigenes Leben entwickelte, sieht man an zahlreichen Zeichnungen an den Wänden und Gravuren. Zum Beispiel verewigte sich im Jahr 1896 ein gewisser "Konrad" an einer Kaminmauer. Doch auch Zeichnungen jüngeren Datums lassen sich an den Wänden finden. "Es gab ja viele Wohnungen im Schloss, und die Bewohner, wahrscheinlich die Kinder, sind dann oft auf den Dachboden spielen gegangen und haben hier halt gezeichnet, vielleicht auch Zahlenspiele gespielt", berichtet Wolfgang Machain. Und er weiß auch, dass er jedes Mal, wenn er hier heroben, wo es übrigens grad gefühlte 40 Grad hat, ein neues "Kunstwerk" findet. Vielleicht auch einmal einen verborgenen Schatz?
Auch wenn die Schatzkiste eher unwahrscheinlich ist, so ermöglicht der Spaziergang auf dem riesigen Dachboden doch rare und deshalb kostbare Blicke auf das Schloss aus ungewöhnlicher Perspektive. Klettert man mutig Holzleitern hoch, kann man durch die Dachfenster ganz neue Blicke auf Uhrturm und Teich werfen. Wie hoch ist der höchste Punkt des Schlosses? "Ich vermute, 40 Meter werden es wohl sein," sagt Wolfgang Machain. Genau gemessen wurde noch nie.
Ungewöhnliche Ausblicke
Windet man sich durch eine der Dachluken, kann man sogar auf das Glasdach über dem Innenhof hinaustreten und - wenn auch etwas zittrig - darüber hinweg spazieren. Dieses Dach wurde in den 1990er-Jahren von der Gemeinde errichtet und ist sozusagen ein Zeugnis moderner Baumeisterkunst. Das Glasdach ist beheizbar, was besonders im Winter bei großen Schneemengen hilfreich ist. Unter diesem Dach wurden schon viele Feste gefeiert, darüber hinweg spaziert sind bisher nicht allzu viele Menschen.
Auch wenn der Dachboden des Wasserschlosses gewaltige Dimensionen hat, so verursacht er doch kaum Kosten, da natürlich sämtliche eventuelle Schäden durch eine Versicherung gedeckt sind. Die ältesten Teile des Dachbodens sind übrigens "sicher 300 Jahre alt", schätzt Wolfgang Machain. Allerdings mussten viele Teile immer wieder erneuert werden, da es manchmal auch brannte. Zuletzt hatte - in den späten 1980er-Jahren - in einen der Zwiebeltürme ein Blitz eingeschlagen.
Begleiten Sie uns im Video bei unserem Dachbodenspaziergang!
Zur Geschichte des Wasserschlosses
Die Ursprünge dürften aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen. Ein Relikt dieser Epoche wurde im Bereich des Schlossmuseums festgelegt - ein romanisches Portal mit Blumenrosette. ist eiDamals war das Schloss im Besitz der Herren von Brunn mit Heinrich de Prun und hatte danach wechselnde Besitzer, unter anderem den als Geldfälscher berühmten Peter von Bohr. 1991 kaufte die Gemeinde das Schloss und nutzt es seither als Gemeindeamt. Dazu wurden diverse Einrichtungen im Schloss untergebracht wie Anwaltskanzlei, Arztordination, Bibliothek, diverse Firmensitze. In den Nebentrakten befinden sich heute Kultureinrichtungen. Der Schlosshof wurde vor ca. zwei Jahren neu gestaltet. Das heutige Erscheinungsbild des Schlosses entstand im wesentlichen in den 1660er-Jahren (Schlosskapelle, Zwiebelturm, Stiegenaufgang, Uhrturm) und aus dieser Zeit stammt wohl auch der Dachstuhl.
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