Bauplatz im Überschwemmungsgebiet:
Hochwasser entfacht Debatte um Schullnerwiese neu
Um die Zukunft der Schullnerwiese ist in Leobersdorf nach dem Hochwasser vom 14./15. September ein Polit-Streit neu entfacht worden.
LEOBERSDORF. In der Gemeinderatssitzung vom 5. September ist die so genannte Schullnerwiese, das Areal am Ortsende von Leobersdorf und an der Grenze zu Schönau, entgegen zahlreicher Einwendungen und Proteste zu Bauland umgewidmet worden. Die ehemalige Senke, in der sich die nahegelegene Triesting bei Hochwasser ausbreiten konnte, wurde - mit Ausnahme eines zu erhaltenden "Hochwassergrabens" - zu einem Bauplatz aufgeschüttet. Man folgte dabei den Vorgaben der Bezirkshauptmannschaft Baden. Die Schullnerwiese wurde durch die Aufschüttung künstlich aus der Gefahrenzone eines mindestens 100-jährlichen Hochwassers gebracht.
Das zweite 100-jährliche in 25 Jahren
Nun ist Mitte September nach 2002 bereits das zweite 100-jährliche Hochwasser innerhalb von 25 Jahren an der Triesting zu vermerken gewesen. Inzwischen wurde das millionenschwere Rückhaltebecken in Fahrafeld gebaut, das dem aktuellen Hochwasser knapp stand gehalten hat. „Es war ein 100jährliches Hochwasser, ein HQ 100“, sagt Stefan Fischer, Leiter des Bauamtes. Laut offiziellen Messdaten wurde in Fahrafeld tatsächlich ein Durchfluss von 227 Kubikmeter pro Sekunde gemessen. Ab 250 Kubikmetern/Sekunde ist es ein HQ 100 – höhere Werte gibt es nicht. Im Katastrophenjahr 2002 wurden zum Vergleich an der Triesting in Fahrafeld 222 Kubikmeter/Sekunde gemessen."
Nur knapp 10-jähriges Hochwasser mit großen Wassermassen
In Hirtenberg war die Durchflussmenge der Triesting nur noch bei 170 Litern pro Sekunde, wohl ein Effekt des Rückhaltebeckens in Fahrafeld. Bei 180 Litern wäre es ab Hirtenberg ein nur noch 10-jähriges Hochwasser gewesen. "Warum war aber dann eine so große Fläche in Leobersdorf überschwemmt, als wäre es ein 100-jährliches Hochwasser gewesen?" fragt sich SPÖ-Obmann Gerhard Tschakert, der immer gegen die Umwidmung der Schullnerwiese aufgetreten war, gemeinsam mit der Initiative "Lebenswertes Leobersdorf". Tschakert schlussfolgert, dass sich irgendwo das Wasser nach Leobersdorf rückgestaut haben muss und längst zuviel Boden versiegelt wurde. Die inzwischen zum Bauplatz aufgeschüttete Schullnerwiese war tatsächlich nun nicht mehr überflutet, nur im belassenen Hochwassergraben. Tschakert: "Aber irgendwo muss das Wasser ja hin."
SPÖ: Zweifel an Hochwasserstrategie
Tschakert verweist auch auf ein zweites geplantes natürliches Retentionsbecken bei der Autobahn, das ebenfalls in der Raumordnung nicht mehr als solches aufscheint. Der Bauamtsleiter dazu: „Dafür haben wir ja das Rückhaltebecken in Fahrafeld bekommen. Es wurde alles genau berechnet. Bei den Regenmengen, die jetzt gefallen sind, wären die beiden angedachten Leobersdorfer Retentionsbecken sowieso in einer Minute voll gewesen“, so der Bauamtsleiter. Bürgermeister Andreas Ramharter (Er ist auch Obmann des Triesting-Wasserverbandes) spricht von einer erfolgreichen Hochwasserstrategie in Leobersdorf, die fortgesetzt werde: „Auch die jüngsten Ereignisse haben aus meiner Sicht keine wesentlichen neuen Erkenntnisse gebracht.“
SPÖ-Gemeinderat Tschakert will jedoch in einem Schreiben an die Bezirkshauptmannschaft, die die Präparierung der Schullnerwiese zum Bauplatz letztlich unter Auflagen genehmigte, ein Überdenken einfordern.
Abfluss-Studie aktuell in Arbeit
Über die Rechtslage informiert auch Gilbert Pomaroli vom Amt der NÖ Landesregierung (Abteilung Raumordnung und Gesamtverkehrsangelegenheiten): "Bereits seit 1999 ist im NÖ Raumordnungsgesetz verankert, dass unter anderem solche Flächen nicht als Bauland gewidmet werden dürfen, die von einem 100-jährlichen Hochwasser überflutet werden. Was von einem 100-jährlichen Hochwasser überflutet wird, wird nicht von der Raumordnung definiert sondern in wasserwirtschaftlichen Abflussuntersuchungen und Gefahrenzonenplänen festgestellt."
Eine solche aktuelle Abflussstudie soll laut Bauamtsleiter Stefan Fischer im Oktober vorliegen und wird die Situation in Leobersdorf eventuell unter ein neues Licht stellen.
Lesen Sie hier die gesamte Stellungnahme von Gilbert Pomaroli, Abteilung Raumordnung im Amt der NÖ Landesregierung
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.