Kunst Ost: Konvergenz

4Bilder

Warum ist es bei der regionalen Wissens- und Kulturarbeit zu einer Themenformation gekommen, die Handarbeit, Gegenwartskunst und virtuelle Welten verknüpft?


Es geht um die Ehre des Handwerks, das Gewicht der Kunst und den Geist in der Maschine. Ein Themenbogen, der gegenwärtig in einem Zusammenspiel von Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft (KWW) zur kontrastreichen Praxis wird.

Einer der Impulse zu dieser Themenentwicklung liegt in einer andauernden Abschätzigkeit gegenüber körperlicher Arbeit. Ein soziales Phänomen, das seine Wurzeln in der Antike hat. Der Reihe nach!

Am 18.10.2013 habe ich im Artikel „Zupacken: Körperliche Arbeit in Mißkredit?“ gefragt: „Wie ist es aber nun möglich, daß die ‚Drecksarbeit’ so ein schlechtes Image hat? Warum gibt es immer noch diese unübersehbaren Ressentiments gegenüber Handwerk und körperlicher Arbeit?“ [Quelle]

Im Kontrast zu diesem Effekt war am 16.05.2014 in „Kopf- und Handarbeit“ zu vermerken: „Der Wohlstand, den wir derzeit genießen dürfen, wuchs ganz wesentlich durch Handwerk und Industrie.“ [Quelle]

Bisher weist nichts darauf hin, daß unser teures Bildungssystem sich reformieren ließe, um solche Gefälle abzutragen. Mehr denn je gilt, daß Bildung „vererbt“ wird, also soziale Schranken kaum überwindet. Dabei häufen sich Berichte, daß Österreichs wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit mittlerweile schon in Sprüngen abnimmt.

In unserem regionalen Kulturbetrieb finde ich kaum Hinweise, daß etwa ein Bildungsbürgertum sich der Herausforderung solcher Entwicklungen stellen würde. Was nach Schweiß riecht, kommt in dessen Selbstinszenierung eher nicht vor.

Die Kluft zwischen der Reputation von Handarbeit und Kopfarbeit ist, wie schon angedeutet, antiken Ursprungs. Das praktische Können hieß altgriechisch techné, war Sache der Sklaven, Unfreien, Arbeiter. Derlei wurde als eines freien Mannes unwürdig erachtet. Der befaßte sich mit epistemé, mit wissenschaftlicher Erkenntnis, mit Wissen, aber nicht mit dem Zupacken.

Im alten Rom wurden einige Bedeutungen neu geordnet. Die freien Künste (artes liberales) waren auf Wissensgewinn, auf höhere Bildung freier Bürger ausgerichtet und nicht der Erwerbstätigkeit gewidmet. Den freien Künsten standen angewandte Formen gegenüber, die artes mechanicae, dank derer der Alltag bewältig werden sollte.

Wir pflegen noch heute die Unterscheidung zwischen freier Kunst und angewandten Sparten. Ähnlich wird in der Wissenschaft zwischen Grundlagenforschung und angewandten Formen unterschieden. Wir lieben offenbar Hierarchien und stellenweise ziemlich kühnen Behauptungen, was angeblich besser und wertvoller sei als die andre Position.

Künstler Peter Weibel stellt fest: „Wurde das Handwerkliche, Herstellende seinerzeit gering geachtet, so ist es heute das Automatische, das Maschinelle.“ Es ist soziale und kulturelle Kontinuität in derlei Kategorisierungen zu finden, während Gesellschaften weltweit schon die vierte Industrielle Revolution (Industrie 4.0) vollzogen haben.

Das bedarf vorerst noch der Erläuterung. Weitläufige Mechanisierung wird als erste Industrielle Revolution gesehen, die Automatisierung als zweite. Es folgte innerhalb unserer Biographien die Digitale Revolution und nun vollzieht sich eine umfassende Vernetzung der Endgeräte, aus der ein „Internet der Dinge“ entsteht, das hat mit dem Begriff Industrie 4.0 zu tun.

Weibel meint mit Hinweis auf die antiquierten Hierarchien: „An die Stelle der mechanischen Künste sind die Medien gerückt. […] Heute ist die Trennung folgende: Intuition und Hand des Künstlers versus rechnende Vernunft und mechanische Produktion.“

Nun dürfte Ihnen dämmern, warum bei Kunst Ost und Kultur.at die drei Bereiche nicht hierarchisch auf- oder absteigend angeordnet sind, sondern waagrecht verknüpft und komplementär zu einander aufgestellt; nämlich die Ehre des Handwerks, das Gewicht der Kunst und den Geist in der Maschine.

Zeitgemäße Kunstpraxis, auch die Wissens- und Kulturarbeit in der Provinz verlangen nach einer Einebnung allfälliger Barrieren zwischen diesen Genres, auf daß ein möglichst ungehinderter Austausch stattfinden möge.

Die Disskursbeiträge zu diesen Zusammenhängen findet man online derzeit im Bereich „in der Ebene“: [link]

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk auf Facebook verfolgen
MeinBezirk als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Eggersdorf gilt als Naherholungsgebiet für den Großraum Graz und trägt mit einer guten Infrastruktur viel dazu bei. | Foto: Gemeinde Eggersdorf
16

Ortsreportage Eggersdorf
Frische Luft und starke Familien: Eine Gemeinde setzt auf die Gesundheit

Sie hat sich mittlerweile als „Gesunde Gemeinde“ etabliert und setzt mit Projekten neue Maßstäbe für die Gesundheitsvorsorge und Lebensqualität ihrer Bewohnerinnen und Bewohner: Eggersdorf bei Graz hat von der Gradieranlage bis zum Familienpass so einiges zu bieten. Und zwar für Jung und Alt. EGGERSDORF. Eggersdorf hat Charme und auch Köpfchen: Die malerische Marktgemeinde, umgeben von idyllischer Landschaft und doch sehr nahe zur Stadt Graz gelegen, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem...

  • Stmk
  • Weiz
  • Nina Chibici
Anzeige

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.