Zwist um Gesundheitsversorgung: Ärzte drohen mit Kündigung des Kassenvertrags
UPDATE. Ein neues Gesetz soll die PHC, die Primary Health Care oder Primärversorgungszentren, auf Schiene bringen. Die Ärztekammer läuft dagegen Sturm und droht mit einem Ausstieg aus dem gesamten Kassenvertrag. Sie befürchtet, dass das Hausarztsystem ausgehöhlt werde. Die oberösterreichische Gebietskrankenkasse (OÖGKK) beruhigt: Der Hausarzt bleibe als wesentliche Säule des Gesundheitssystems erhalten. Die PHC-Zentren seien vielmehr eine "zukunftsweisende Ergänzung".
Seit einigen Monaten erzürnt ein Papier aus dem Gesundheitsministerium die Ärztekammer, auf dem die Eckpunkte des PHC-Gesetzes festgehalten sind. PHC bedeutet Primary Health Care und meint Primärversorgungszentren, in denen Ärzte gemeinsam mit Krankenschwestern, Therapeuten und weiteren Gesundheitsberufen zusammen arbeiten.
Nun formiert sich Widerstand von der Ärztekammer. Sollte das Gesetz nach den bisher genannten Eckpunkten verabschiedet werden, droht sie mit dem Ausstieg aus dem gesamten Kassenvertrag. Das würde bedeuten, dass jeder Patient Ärzte direkt bezahlen müsste. Die OÖGKK kritisiert, dass die Kammer schon jetzt diese schärfstmögliche Drohung ausspricht, obwohl noch keine Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium aufgenommen werden.
Die Ärztekammer sieht die Gefahr, dass zum bisherigen Kassensystem ein Parallelsystem aufgebaut wird. Sie stellt die Situation folgendermaßen dar: Die PHC-Zentren werden von einem Betreiber geführt - zum Beispiel einer Gebietskörperschaft wie dem Land OÖ oder einem Unternehmen, wie einer Pharmafirma. Dieser Betreiber würde dann die Verträge mit den Krankenkassen aushandeln, die Ärzte wären dort angestellt. Letztere befürchten, dass die Verhandlungen, in erster Linie um die Tarife, an ihnen vorbei geführt werden und beispielsweise Politik und Krankenkassen das Gesundheitssystem ohne Ärzte steuern könnten. Des weiteren kritisiert die Standesvertretung, dass die Kassenstellen in der Region hauptsächlich in die Zentren investiert werden und es schließlich nur noch sehr wenige niedergelassene Kassenärzte gibt.
Die OÖGKK wehrt sich gegen eine solche Darstellung. Auf BezirksRundschau-Anfrage heißt es: "PHC ist nicht gedacht als Modell wo "der Staat", "die Krankenkasse" oder sonst ein Finanzierungsträger Ärzte anstellt. Es ist ein Team bestehend aus Vertragsärzten die – anders als heute – von anderen Gesundheitsberufen, zum Beispiel Krankenschwestern und -pflegern, Physiotherapeuten und Psychologen, unterstützt und entlastet werden. Es entsteht für Ärzte nicht nur die Möglichkeit, tatsächlich in einem Team zusammenzuarbeiten, sondern vor allem für Patienten eine Versorgung aus einem Guss."
Grundsätzlich begrüßt die Ärztekammer die regionale, niedergelassene Versorgung zu stärken. So könne die Betreuung außerhalb der Spitalsambulanzen verbessert werden. In Enns und Haslach gibt es bereits PHC-Pilotprojekte. Diese wurden gemeinsam vom Land Oberösterreich, OÖGKK und der Ärztekammer umgesetzt - in sehr guter Gesprächs- und Arbeitsatmosphäre, wie es heißt.
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