Eine Art geistiger Allmende

Geistige Güter werden nicht weniger, sondern mehr, wenn man sie teilt
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  • Geistige Güter werden nicht weniger, sondern mehr, wenn man sie teilt
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In alten Zeiten kannten Dorfgemeinschaften Gemeinschaftseigentum, das niemand für sich allein nutzen durfte. Der Begriff Allmende hat in unserer heutigen Gesellschaft allerdings keine Funktion mehr.


Aber wir wissen noch von genossenschaftlichen Anstrengungen, die einem Ort Vorteile verschaffen konnten, welche einzelnen Leuten nicht möglich waren.

Vom Gemeindestier über gemeinsame Kühlhäuser zum Maschinenring sind uns Formen kollektiver Praxis noch vertraut, weil nach wie vor Menschen unter uns leben, die solche sozialen Organisationsformen kannten, als sie entscheidend beitrugen, dem Mangel in bescheidenen Verhältnissen zu entkommen.

Heute dominieren andere Konzepte, die an solche Traditionen anknüpfen. Es sind vor allem soziale Projekte, die ausgleichen, was der Staat nicht leisten kann oder will. Auch der Wissenserwerb und verschiedene kulturelle Aufgaben sind Anlässe für kollektive Modi, in denen unbezahlte Arbeit für das Gemeinwesen geleistet wird.

Wir sprechen heute vor allem vom Ehrenamt.

Oder denken Sie an das gigantische Wissensprojekt Wikipedia. Unzählige Menschen speisen dieses System mit Know how und Informationen, bringen zum Beispiel auch Bildmaterial ein, das nach bestimmten Regeln frei genutzt werden darf.

Damit die Inhalte von Wikipedia etwas taugen und gut greifbar sind, arbeiten Tausende Menschen unbezahlt an der Wartung des Systems und der Stoffe. So werden „Commons“ (Gemeingüter) erzeugt, Stoffe, die einer Gesellschaft frei zu Verfügung stehen.

Wir haben in der „Kulturspange“ derlei Überlegungen und Erfahrungen aufgegriffen, regionale Varianten erprobt. Das bedeutet, in einer sehr gemischten Community, wo Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenwirken, bewährt sich inzwischen eine Kombination von Ehrenamt und Hauptamt.

Das meint, Ehrenamt erhält in einigen Bereichen hauptamtliche Begleitung und wird so verstärkt. Wem das zu abstrakt kling, hier ein paar Details. Das unbezahlte, also ehrenamtliche Engagement bietet nicht bloß ökonomische Vorteile für ein Projekt. Es lebt von der Selbstbestimmung und der Freude, die jemand daraus bezieht, sich selbst eine Aufgabe zu suchen, ganz nach dem eigenen Geschmack.

Hier kann man frei von Befehlen und Zurufen anderer aktiv sein, kann man selbst bestimmen, wann man sich in welchem Ausmaß einbringen möchte.

Andrerseits eröffnen solche Zugänge anregende soziale Erfahrungen. In funktionierenden Projekten auf solcher Basis sind Achtsamkeit und Respekt sehr geschätzte Eigenschaften. Der Genuß dieser Freundlichkeiten ist in unserem Leben ja nicht selbstverständlich.

Daß manche Projekte in wesentlichen Schritten nur dann vorankommen, wenn dazu auch materielle Güter verfügbar sind, nicht bloß symbolische und soziale Ressourcen, ist klar. Unsere praktische Erfahrung zeigt, wo Menschen den Eigennutz in einem Projekt erkennbar hinter das Gemeinwohl stellen, lassen sich auch jene Leute nicht lumpen, die über ausreichende materielle Güter verfügen.

So wird deutlich, daß sich eine Art geistige Allmende errichten und pflegen läßt, ein Feld der Wissens- und Kulturarbeit, das sich stellenweise auch mit sozialen Aufgaben verknüpft.

Daß größere, komplexere Vorhaben auch aus öffentlichen Mitteln kofinanziert werden, ist naheliegend. Staat, Markt und Zivilgesellschaft teilen sich im günstigsten Fall die Lasten solcher gesellschaftliche Aufgaben. Dabei ist aber das private, das zivilgesellschaftliche Engagement sehr wichtig; allein schon, daß die handelnden Personen in Sachen Eigenverantwortung wach und geübt bleiben.

Volkskundler Dieter Kramer kritisiert in diesem Zusammenhang: „Überall wird gespart, vielfach geht es an die Substanz, verschont werden höchstens die für den Tourismus und die für die Kulturwirtschaft interessanten Bereiche.“

Das heißt auch, manche Funktionäre und Manager versuchen, der Kultur- und Wissensarbeit die Verwertungslogik der Ökonomie aufzudrängen und letztlich die Kultur zur Magd der Wirtschaft zu machen.

Es ist ganz klar, daß hier seitens der Zivilgesellschaft Einwände kommen müssen. Auch die (Kultur-) Politik sollte, so sie über zeitgemäße Kriterien verfügt, in derlei Prozesse eingreifen, denn es kann nicht sein, daß die ohnehin spärlichen Kulturbudgets als Werbemittel für die Wirtschaft akquiriert werden.

+) Die Kulturspange [link]

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