Almenländliche Infamie
Wie infam muß jemand sein, der oder die völlig unbekannte Menschen vorab anfeindet, ohne dafür gute Gründe zu nennen und bei solchen Schritten überdies anonym zu bleiben?
Das müßte hingenommen werden, falls jemand so redet, denn daß Rede und Gedanken frei sind, ist eine Errungenschaft. Eine Demokratie, die etwas taugt, sollte mit derartigen Flausen zurechtkommen.
Wer aber leidende Menschen anfeindet und dazu via Massenmedium die Öffentlichkeit sucht, begibt sich damit auf ein anderes Terrain. Das verlangt nach Einwänden.
Wer repräsentiert die "Bürgerinitiative für ein asylantenfreies Almenland"? Ich habe als Publizist das Medienrecht zu achten. Wenn jemand aber diskussionswürdige Stoffe publiziert und das Impressum dabei leer läßt, entsteht Klärungsbedarf.
Ich hätte Verständnis, falls jemand sich vor dem Unbekannten ängstigt und daher die Öffentlichkeit sucht, um etwa mitzuteilen: „Ich fürchte mich vor der Welt!“ Da könnten eventuell Rat und Trost angeboten werden.
Ich würde sogar einsehen, daß manch einer der Welt mitteilen will: „Ich möchte in meiner Ruhe und meinem Wohlstand nicht gestört werden!“ Solche Ansichten gefallen mir zwar wenig, doch das Recht auf Meinungsfreiheit kann in dieser Sache nicht angetastet werden.
Wer sich aber als „Bürgerinitiative“ ausgibt und ein „asylantenfreies Almenland“ empfiehlt, wirft mehrere Fragen auf. Zum Beispiel: Sollen Asylanten oder Flüchtlinge kommen? Ja, das ist wie Birnen und Äpfel; beides Obst und doch ein Unterschied. Ist die Bereitstellung der Quartiere Großzügigkeit, für die man jemandem danken sollte, oder erfüllt das Land Steiermark seine Pflicht gegenüber dem Staat Österreich?
Wird für die entwurzelten Menschen gut gesorgt werden können und ist die Behörde auf allfällige Probleme vorbereitet? Das könnten sich besorgte Bürgerinnen und Bürger zum Anliegen machen. Doch hier sorgt sich jemand offenbar nur um sich selbst.
All das mit der saloppen Formulierung „asylantenfreies Almenland“. Das ist so allgemein, wie es vor einigen Jahrzehnten zum Beispiel „judenfrei“ war. Keine sehr präzise Art, sich einem Problem zu widmen, falls eines besteht.
Almenland und Energieregion haben als LEADER-Regionen kürzlich fusioniert. Das heißt unter anderem, wir genießen Vollbeschäftigung nicht bloß, weil wir hier tüchtige Geschäftsleute und kompetente Arbeitskräfte haben, in diesem Teil der Steiermark wirken auch begabte Leute, die solche Qualitäten in EU-Projekte übersetzen; etwa jene des LEADER-Programmes.
Das bedeutet, engagierte Leute unter uns sorgen dafür, daß auch noch von außen Gelder in die Region kommen, zum Beispiel EU-Mittel, die sonst nicht da wären, die also nicht erwirtschaftet werden müssen, sondern Subventionen sind, welche allerdings gerechtfertigt werden müssen.
Was ich damit sagen will? Niemand ist alleine klug und niemand schafft alleine Wohlstand.
Ein blühendes Gemeinwesen braucht viele einfallsreiche Geister, Tatendrang und… die Bereitschaft, sich auch jenen zu widmen, die aus eigener Kraft gerade nicht bestehen können. Dabei sind Herkunft, Hautfarbe und Muttersprache unerheblich. Wer Hilfe braucht, sollte sie bekommen, soweit wir dazu in der Lage sind.
Das sehen in der Oststeiermark zum Glück viele Menschen so. Die Städte Weiz und Gleisdorf machten kürzlich von sich reden, als sie einige Häuser für Flüchtlinge öffneten.
Gleisdorfs Bürgermeister Stark wußte zwischendurch zu erzählen, daß bei ihm eine Frau vorstellig geworden sei, die hätte gerne den „Anführer“ der Flüchtlinge gesprochen, weil in ihrer Siedlung Sachen verschwunden wären.
Stark war über solche Magie erstaunt, mußte er doch zu bedenken geben, daß die Flüchtlinge noch gar nicht in Gleisdorf angekommen seien.
Inzwischen sind sie da, „Anführer“ haben sie keinen, und falls in Gleisdorf tatsächlich Sachen verschwunden sind, wird es am wenigsten mit diesen Neuankömmlingen zu tun haben.
Ich bin stolz, in einer Region zu leben, wo so gehandelt wird und die Politik sich in diesen Fragen keine Heuchelei erlaubt, sondern ganz offen dem begegnet, was ein Gemeinwesen an Anforderungen im Lauf der Jahre alles erreicht.
Ich habe persönlich keinerlei Einbußen an Komfort und Annehmlichkeiten, weil man hier wenigstens ab und zu ein bißl von unserem Wohlstand mit jenen teilt, die in Not sind. Aber ich kenne noch Leute, die erlebt haben, was diese Oststeiermark mit ihren kleinen Landwirtschaften einst für ein Armenhaus gewesen ist, wo der Mangel immer und Not oft zuhause gewesen sind.
Das war viele Jahrhunderte so.
Vielleicht steckt es manchen noch in den Gliedern; diese gewesene Armut über so viele Generationen. Dann mögen sie sich doch an jene lehnen, die solche Vergangenheit und derlei Ängste überwunden haben. Es wäre nämlich fein, wenn sie ihre Ängste nicht den Schwächsten aufbürden wollen, die man unter uns finden kann, zum Beispiel Flüchtlingen und Asylanten.
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