Bad Blumau: Bin ich hier der Dorfdepp?
Ich hab schon mehrfach angedeutet, die Kommunikationslagen zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft sind oft sehr merkwürdig. Vor allem dann, wenn Konflikte hochgehen.
Warum läuft das so seltsam, wenn sich a) Politik und Verwaltung, b) Wirtschaftstreibende, c) Bürgerinnen und Bürger verständigen sollen?
Vielleicht liegt es manchmal daran, daß man selbstgewählte Regeln nicht ernst nimmt, von anderen Reglements ganz zu schweigen. Das fällt mir zunehmend auf, wo ich verstehen möchte, wer in der Bad Blumau-Kontroverse mit welchem Mandat seine oder ihre Stimme erhebt, wer aus welcher Position welche Ansicht vertritt.
Sie meine eventuell, das sei klar? Das ist momentan noch keineswegs klar. In „Bad Blumau: Kommunikationskuriositäten“ [link] habe ich schon dargelegt, daß ich bisher nicht feststellen konnte, wer diese Bürgerinitiative a) initiiert hat und b) vertritt. Es scheint so zu sein, daß der Arzt Herbert Riegler in dieser Sache zu nennen wäre.
Ich hab von Riegler inzwischen einige Schelte bezogen, weil er die Polarisierung Rogner-Frutura mißbilligt und vermißt, daß die Anliegen von Privatpersonen adäquat wahrgenommen würden.
Herbert Riegler:
„Ich habe zu Beginn meiner Ausführungen betont keiner Fraktion anzugehören, niemandem, weder Parteien noch Konzernen verantwortlich zu sein, sondern nur versuchen will meine Überlegungen, als Betroffener, darzustellen. Auch habe ich zu Beginn gebeten die Problematik nicht auf den bestehenden Konflikt zwischen Rogner und Frutura zu reduzieren. Sie haben das gehört, ich wette, aber nicht akzeptiert.“
Als Publizist bin ich in einem „Deutungsgeschäft“ tätig. Ich kann nur berichten, was mir konkret vorliegt. Und ich kann nur deuten, was ich zitieren kann. Ich kann natürlich auch spekulieren, aber das tue ich lieber selten und bloß sehr zurückhaltend.
Eigentlich scheint mir, daß Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Region sich womöglich ein paar interessante Fragen noch gar nicht gestellt haben. Ich gebe ein Beispiel.
Ein Papier der Bürgerinitiative besagt:
„Der Bad Blumauer Gemeinderat Franz Spörk kritisiert in diesem Zusammenhang eine ‚unsachgemäße Vorgehensweise’ des Bad Blumauer Bürgermeisters. ‚Für den Gemeinderat gab es bis heute keine Projektunterlagen und keine einzige Sitzung zum Thema’, so Spörk. ‚Es gab nicht einmal eine Ausschusssitzung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes.’“
Wieso können gleich zwei Gemeinderäte bei der Pressekonferenz betonen, daß der Bürgermeister sie nicht informiert hätte? Wieso legen sie mit der Aussage „Es gab nicht einmal eine Ausschusssitzung“ vermutlich ihre eigenen Pflichtversäumnisse offen, aber niemanden stört's?
In der Steiermark sind Bürgermeister als Baubehörde die erste Instanz, der Gemeinderat die zweite Instanz. Ob nun ein Fachausschuß oder der Gemeinderat tagt, hängt keinesfalls nur davon ab, ob der Bürgermeister eine der Sitzungen einberuft. Dafür können die anderen Lokalpolitiker und -politikerinnen ebenfalls sorgen. Warum haben sie es nicht getan?
Die Gemeindeordnung besagt im „§ 51 Einberufung“:
„(1) Der Gemeinderat wird zu einer Sitzung durch den Bürgermeister, in dessen Verhinderung durch seinen Stellvertreter (§ 32) einberufen. (2) Der Bürgermeister hat den Gemeinderat einzuberufen, wenn es wenigstens von einem Drittel der Gemeinderatsmitglieder oder von der Aufsichtsbehörde schriftlich unter Bekanntgabe mindestens eines Tagesordnungspunktes verlangt wird. Diese Sitzung hat binnen drei Wochen ab Einlangen des Antrages beim Gemeindeamt stattzufinden. ...“
Wenn man mir also in der Sache klagt, daß die Lokalpolitik nicht informiert und nicht gehört wurde, wenn man so eigene politische Verantwortung außer Diskussion stellt, frage ich mich zwangsläufig: Bin ich hier der Dorfdepp? Soll ich grade verschaukelt werden?
Aber wie geht das denn in solchen Angelegenheiten? Was kann und was muß man wissen? Ich habe einen erfahrenen Lokalpolitiker gefragt, den die Bad Blumau-Kontroverse nicht betrifft, wie sich Anbahnungen von Projekten in der Praxis ereignen mögen. Gleisdorfs Bürgermeister Christoph Stark antwortete aufschlußreich.
Meine Frage an ihn:
„Wäre es denkbar, daß etwa in der Kleinregion Gleisdorf eine Firma Grundstücke aufkauft, um ein Projekt für fast 50 Millionen Euro zu realisieren, wofür auch manche Umwidmungen nötig wären, und kaum jemand, auch kein Gemeinderat, erfährt währenddessen, was da geplant ist?“
Christoph Stark:
„Dass jemand Grundstücke kauft, muss nicht unbedingt öffentlich wahrnehmbar werden. Spätestens bei der Frage der Umwidmung sollten die Gemeindeveranwortlichen schon informiert sein, wobei auch Widmungsverfahren noch nicht endgültig darüber Aufschluss geben, was letztenendes auf diesen Grundstücken passiert. Einmal gewidmet, kann dort im Rahmen der Widmung wiederum vielerlei entstehen. Aber kurzum: Dass niemand was weiß, ist kaum vorstellbar.“
Fußnote:
Das „Steiermärkisches Baugesetz - Stmk. BauG“ definiert unter „§ 2 Behördenzuständigkeit“ ganz unmißverständlich: „(1) Behörde erster Instanz ist der Bürgermeister, Behörde zweiter Instanz der Gemeinderat.“
Der „§ 22 Ansuchen“ besagt: „(1) Um die Erteilung der Baubewilligung ist bei der Behörde schriftlich anzusuchen.“ Daraus schließe ich als Laie: Es muß einen formellen Posteingang bei der Gemeinde geben, der eine Aktenlage zur Folge hat.
2 Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.